Koordinieren, vernetzen und kooperieren: Seit sechs Monaten ist Eduard Nagel (31) im Jobcenter der Stadt Coesfeld speziell für Flüchtlinge in Coesfeld zuständig. Nagel ist gelernter Sozialarbeiter, kümmert sich um die berufliche Orientierung der Flüchtlinge und ist gleichzeitig Ansprechpartner für die Unternehmen aus der Region.
Mit diesem aus LEADER-Mitteln geförderten Projekt will die Stadt Coesfeld „Angebot und Nachfrage“ sinnvoll zusammenbringen. Im Interview erzählt der gebürtige Kasache von seiner Arbeit als „Jobcoach“, über neue Projektansätze und über Herausforderungen im Berufsalltag.
Wie sind die vergangenen sechs Monate für Sie gelaufen?
In den ersten Wochen stand klassisch die Einarbeitung an. Eine Projektskizze für die Stelle als „Jobcoach der Stadt Coesfeld“ hat bereits vor meinem Beginn vorgelegen. Daher war der Fahrplan schon klar. In den ersten Monaten war es für mich wichtig, dass ich die Strukturen, die Bildungsmaßnahmen, aber auch die Unternehmen im Kreis näher kennenlerne. Denn nur so kann ich ja die Kunden vermitteln, indem ich die Abläufe kenne. Dazu gehörte dann auch, dass ich Bescheid weiß, wann der nächste Integrationskurs beginnt, um gezielt vermitteln zu können.
Und wie ging es dann weiter?
Während der vergangenen Monate habe ich über 200 Vermittlungsgespräche führen können. Meine Kunden kommen dabei aus Krisenländern wie Syrien, Irak, Afghanistan oder aus dem Sudan. Die Verständigung klappt erstaunlicherweise richtig gut, größtenteils auf Deutsch. Auch da muss man einfach ein wenig Geduld mitbringen. Genauso unterschiedlich wie meine Kunden sind, so verschieden sind auch ihre Lebensläufe. Von Berufserfahrenen über Studenten bis hin zu Azubis ist alles dabei gewesen. Aber auch Kunden, die ohne berufliche Perspektive fliehen mussten und jetzt hier in der Region einen Neustart wollen, gehören zu den Kunden, die ich vermittle.
Welche Herausforderungen haben sich für Sie dadurch ergeben?
Kein Beratungsgespräch ist wie das andere. Für mich ist es wichtig, sich das jeden Tag wieder vor Augen zu halten. Ich hole meine Kunden von unterschiedlichen beruflichen Stadien ab, in denen die sich befinden. Der eine ist da engagierter und offener für Neues, ein Anderer braucht vielleicht an der ein oder anderen Stelle noch ein bisschen mehr Unterstützung. Und genau das macht die Arbeit für mich aus: den direkten Kundenkontakt und die Vermittlungsarbeit miteinander zu vereinen.
Gab oder gibt es da schon erste Erfolge?
Neben vielen positiven Erfahrungen ist mir ein Fall noch besonders präsent: Ein Kunde wollte BWL studieren und dazu am Berufskolleg in Coesfeld seinen Fachwirt machen. Leider hatte er bei seiner Flucht nach Deutschland seine Zeugnisse und Referenzen verloren. Da er jedoch die Schule besucht hatte und ihm Lernen sehr viel Spaß bereitet, hat sich mein Kunde dann darauf eingelassen, eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann zu beginnen. Das entsprechende Praktikum konnte ich ihm vermitteln. Er ist mit dieser Entscheidung total glücklich.
Was glauben Sie, wie kommt das LEADER-Projekt im Allgemeinen bei den Akteuren an?
Neben meiner Tätigkeit als Berater fällt auch die Begleitung meiner Kunden mit in meinen Aufgabenbereich. So bin ich beim Erstgespräch zwischen ihnen und dem neuen Arbeitgeber mit dabei. Das löst in erster Linie die Aufregung, da mich der Kunde ja schon kennt. Und auch bei den Unternehmern aus der Region kommt das gesamte Projekt "Jobcoach" gut an. Für manche Beratungen habe ich bis zu fünf Unternehmen kontaktiert und diese dann wieder mit ins Boot geholt. Meine Koordinierungsstelle erleichtert die Arbeit auf sehr vielen Ebenen. Und davon profitieren letztendlich beide Seiten. Es ist ein gutes Geben und Nehmen.
Was steht den nächsten Monaten bei Ihnen auf der Agenda?
Den Großteil meiner Aufgaben sehe ich nach wie vor in der Koordinierungsarbeit. Derzeit stehe ich zudem im engen Austausch mit den Berufskollegs. Hier gibt es sogenannte internationale Flüchtlingsklassen. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit sowie mit einer Sozialarbeiterin soll geschaut werden, welche neuen Potentiale erschlossen werden können. Diese Zielgruppe ist natürlich auch potentiell gut geeignet für eine Ausbildung. Da geht noch was in Sachen Beratung und Vernetzung.
Das Interview führte Anna Eckart