Immer wieder sticht die Wiesen-Flockenblume zwischen Glatthafer entlang der Weidefläche hervor. Da ist auch verblühter Odermennig zu sehen und der selten gewordene Dornige Hauhechel. Genau auf heimische Pflanzen wie diese kommt es der Einsatzgruppe Naturschutz an. Schon früh an diesem Morgen hat das Team begonnen, den Weidesaum in der Talaue Hohnerbach zwischen Coesfeld und Billerbeck zu mähen. Die Samen, die in den jetzt verwelkten Blüten stecken, sind wertvolles Mahdgut. Eine Pflanzengesellschaft, wie sie natürlicherweise im Münsterland vorkommt, aber immer seltener anzutreffen ist.
Einsatzgruppe arbeitet überall dort, wo große Maschinen nicht hinkommen
Die Einsatzgruppe Naturschutz möchte das ändern und überträgt das gesammelte Mahdgut auf neue Flächen. Seit Mitte 2018 kümmern sich die Mitarbeiter Mike Wissing, Karsten Gorille und Dirk Broek
unter der Anleitung von Garten- und Landschaftsbaumeister Alexander Breitkopf überall dort um die Natur der Baumberge, wo große Maschinen nicht hinkommen. Die Männer sind beim Naturschutzzentrum
Kreis Coesfeld e.V. angestellt, das auch die fachliche Betreuung der nötigen Maßnahmen übernimmt, und erledigen Arbeiten in schutzwürdigen Gebieten. Dazu zählen sensible Gehölzarbeiten in
Kleingewässern oder auf Heideflächen, die mechanische Bekämpfung von Problempflanzen wie dem Jakobskreuzkraut, das sich extrem schnell verbreitet, aber giftig für Tiere und damit unerwünscht in
Naturschutzgebieten ist, und die Pflege von Hecken.
Das Projekt ist am Alten Hof Schoppmann in Darup angesiedelt, wird durch die LEADER-Region Baumberge finanziell gefördert und verknüpft Natur- und Umweltschutz mit Sozialarbeit: Die drei Mitarbeiter stammen aus dem Arbeitsfeld des gemeinnützigen Vereins Interkulturelle Begegnungsprojekte (IBP), der Hilfen für Suchtkranke, psychisch Kranke und Menschen in besonderen Lebenslagen bietet.
Fest-Schmaus für die Kühe
Zwischen Ende August und Anfang September steht bei der Einsatzgruppe Naturschutz die Mahdgutübertragung auf der Agenda. Meter um Meter schneidet Alexander Breitkopf die Gräser und Pflanzen am
Weidensaum mit dem Balkenmäher ab. Nicht nur Mike Wissing, Karsten Gorille und Dirk Broek folgen ihm, sondern auch eine Gruppe neugieriger Kühe auf der anderen Seite des Weidenzauns. Die Männer
häufen die Mahd mit der Heugabel auf und werfen sie auf einen Hänger. Für die Kühe gibt es natürlich auch eine Ration. Es scheint ihnen zu schmecken. Ein Grund, warum sich die Einsatzgruppe die
Arbeit mit der Mahdgutübertragung macht. Denn diese leckere Mischung bekommen die Kühe heute nicht mehr sehr oft.
„Die Weiden und Felder sind kultiviert und bieten meist kaum noch pflanzliche Vielfalt – weder beim frischen Gras noch beim Heu“, erklärt Landschaftsökologin Corinna Becke vom Naturschutzzentrum
Kreis Coesfeld. „Die Weidensäume werden von den Bauern auch nicht mehr wie damals für die Heuerzeugung genutzt, weil ihre Maschinen dafür viel zu breit sind.“ Stattdessen kümmern sich die
Gemeinden um die Säume. Was sie abmähen bleibt jedoch liegen und nimmt den heimischen Pflanzen nötiges Licht zum Wachsen. Übrig bleiben Gras – und Brennnesseln. Damit das an dieser Stelle nicht
passiert, steht – in Absprache mit der Stad Coesfeld – an beiden Enden des Weidensaums ein Hinweisschild.
Unterschiedliche Wege, aber gemeinsame Freude
Die Arbeit im Freien, der Einsatz für die Natur: Für alle Mitglieder des Teams ist sie eine Herzensangelegenheit. Mike Wissing hat als Heizungsbauer und in Druckereien gearbeitet. Dann kam längere Zeit nichts. Die GEBA (Gesellschaft für Berufsförderung und Ausbildung) vermittelte ihm ein Work+Travel im Bereich der Landschaftspflege in Schottland. Als er zurückkam und vom Angebot der Einsatzgruppe Naturschutz hörte, bewarb er sich sofort. Die Projektförderung läuft noch bis Ende Februar 2021. Die Kreisverwaltung prüft aktuell die Finanzierungsmöglichkeiten für eine dauerhaft, kreisweit agierende Einsatzgruppe. Falls das nicht klappt, wird sich Mike Wissing um eine Ausbildung als Garten- und Landschaftsbauer bewerben. Auch Karsten Gorille würde gerne weiter in dem Team arbeiten. Nach verschiedenen Beschäftigungen hat er hier das Richtige gefunden, wie er sagt.
Für Dirk Broek ist die Einsatzgruppe in jedem Fall die letzte berufliche Station. Der gelernte Maurer ist seit März 2020 Rentner. Die Arbeit will er jedoch bis zum Ende fortsetzen. „Es macht Spaß und ich kann den Zuverdienst gut gebrauchen“, sagt er. Angeleitet wird das Trio von Alexander Breitkopf. Auch für ihn ist es ein Wunschjob. „Ich bin hier groß geworden. Das Projekt ist durch die festangestellten Mitarbeiter eine große Chance, wirklich etwas in der Natur zu bewegen. Man sieht täglich, wie gut man vorankommt. Das wäre mit nur ehrenamtlicher Unterstützung nicht möglich“, sagt er.
Weg ist für das Mahdgut schon vorbereitet
Mit dem voll beladenen Anhänger fährt die Einsatzgruppe Naturschutz nun zu einem Teilstück des Ludgeruswegs in Richtung Billerbeck. Der Weg wird von einem ortsansässigen Landwirt ein- bis zweimal
jährlich geheut. Hier hat das Team schon am Vortag alles vorbereitet und die Erde in schlangenförmigen Streifen aufgewühlt. „Es ist sinnvoll, das Mahdgut quer zur Bearbeitungsrichtung
aufzubringen. So werden die übertragenen Pflanzenarten durch die Mahd der Flächen weiter verteilt“, erklärt Becke. Die Streifen sind zur Hälfte mit dem Mulcher und zur Hälfte mit der Fräse
gezogen. „Wir testen, welche Vorarbeit den größten Erfolg bringt.“ Zusätzlich streut das Team die getrockneten Samen der Pflanzen aus, die schon im Juni reif waren. Damals hatte die Einsatzgruppe
bei einer ersten Tour die Wegränder, die sich für eine Mahdgutübertragung in den Baumbergen eignen, abgefahren und mit dem vom Kreis Coesfeld finanzierten Wiesefix die reifen Samen unter anderem
des Glatthafers geerntet. Jetzt fügt sich alles wieder zusammen.
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